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Die Bildhauerin Beate Debus

…aus Oberalba/Rhön sieht sich als Forscherin sinnlicher und emotionaler Wahrnehmungen, für die sie entsprechende visuelle und haptische Formen zu finden sucht. Als ihr Hauptarbeitsfeld erwählte sie Holz-Skulpturen. Auf dem Wege dorthin entstehen eigenständige Zeich­nungen, Druckgrafiken, Collagen und Holz-Reliefs.

Beate Debus verleiht Seins-Befindlichkeiten wie zum Beispiel „Sich schützen“ und existentiellen Lebensprinzipien wie Polarität und Balance kraftvollen bildhaften Ausdruck. Über jahrzehntelange kontinuierliche Arbeit reduzierte Beate Debus ihre vielfach gewundenen, Innen­räume und Durchbrüche erzeugenden menschlichen Figuren zu monumentalen, die Materialität beto­nenden und zugleich über diese hinausweisenden Torsi bis hin zu fast geometrischen Körpern (corpus) und gelangte zu einer individuellen Handschrift. Die kubistisch abstrahierten Werke lassen menschliche Gesten und Haltungen erahnen, die stets am Anfang ihres bildnerischen Gestaltens stehen.

Sowohl die Holz-Skulpturen als auch die künstlerische Arbeitshaltung von Beate Debus setzen Achtungszeichen in die zeitgenössische Kunstlandschaft. Die bildnerische Qualität und ihre Heraus­forderung, das öffentliche Bewusstsein dafür zu entwickeln, markieren Maßstäbe auf ästhetischer, ethischer und erkenntnismäßiger Ebene.

Ralf-Michael Seele (Kunstwissenschaftler, Leiter der Städtischen galerie ada Meiningen)

Im Zentrum ihrer Gestaltungsabsichten

…steht das Hindeuten der bildhauerischen Form auf menschliche Existenz. Jedoch zeigt sich das nicht unmittelbar, erst recht nicht in Ab-, Nach- oder Ebenbildern der menschlichen Gestalt, sondern andeutungsweise: über die anschauliche Evokation bestimmter Haltungen und Gesten im Holz, die auf den Menschen, auf sein In-der-Welt-sein und Im-Raum-sein verweisen. Darin zeigt sie sich Bildhauern der älteren Generation wie Franz Bernhard, Erwin Wortelkamp oder ihrem Lehrer Hans Brockhage eng verwandt.

Auch die Skulpturen der Bildhauerin Beate Debus geben sich uns in erster Linie als Figuren aus Holz zu erkennen, bevor sie als Eidolon wirken, als Idole, Bilder, Zeichen, die auf Menschliches, Natürliches, Zwischenmenschliches und Existentielles hindeuten. Ihre bildhauerischen Arbeiten wirken zuerst und sinnlich-unmittelbar über das Erleben des Materials. Das Wachstum der Stämme, die Struktur der Hölzer und ihre spezifischen Oberflächen bleiben lesbar, auch wenn Beate Debus sie zur Kontraststeigerung teilweise mit Kreide schlämmt oder mit dem Gasbrenner dunkel verkohlt. Das Hölzerne bestimmt den Charakter der Formung. Erst davon abgeleitet – im Sinne der Einfühlung in bestimmte Bewegungsvorstellungen, die ihre Figuren evozieren – erschließen wir assoziativ und im Analogieverfahren Menschliches, Eigenes. Das heißt, wir erkennen uns und unsere Verhältnisse gleichnishaft in den Holzformationen wieder. Aber schon zu Beginn, noch vor der Arbeit am Holz, in der Phase der Konkretisierung von Ideen, steht das menschliche Maß Pate für das Maß der Skulptur. Im statischen Medium der Skulptur verweist die Künstlerin auf Bewegung, weil alle Dinge in Bewegung sind. Dass sie diese Bewegung immer neu in bildhauerischen Zeichen fixiert, stillstehen lässt, mag den Zweck haben, sie so besser betasten und ihnen folgen zu können.

Prof. Dr. Kai Uwe Schierz, aus dem Katalogtext „Stasis und Extasis“, Katalog zur Ausstellung „corpus“, Städtische galerie ada Meiningen 2007
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